Geschichte des Internet
Inhalt
Was passierte am 4. Oktober 1957?
Wie konnte das passieren?
Was geschah in den USA nach dem Sputnik-Schock?
Die parallelen und weiteren Entwicklungen?
Anhang
➤ Was passierte am 4. Oktober 1957?
Am Himmel konnten wir den
russischen Sputnik sehen und über einen Empfänger die von
ihm gesendeten Signale hören. In einer einzigen Nacht hatte
die Leitung der Sowjets die aufblühende Selbstsicherheit
und Zuversicht der amerikanischen Nation zerschlages. Der
kalte Krieg verschärfte sich. Hysterische Prophezeiungen
einer sowjetischen Vorherrschaft und Vernichtung der Demokratie
waren allerorten zu hören. Anfang der 50er Jahre befürchteten
viele Militärexperten einen Überraschungsangriff durch mit sowjetischen
Atomwaffen bestückte Bomber über die Nordpolroute.
➤ Wie konnte das passieren?
Durch ein Fehlurteil der USA auf dem Gebiet
der Raketenentwicklung im Jahre 1945.
Dr. V. Bush, Forschungsdirektor
für militärische Projekte der USA, berichtete: Man rede
zwar viel über Raketen mit großer Reichweite, doch sei
dies seiner Ansicht nach auf viele Jahre hinaus unmöglich.
Daraufhin entschloß man sich in den USA, zunächst diese
Raketenforschung überhaupt nicht zu betreiben - ein Grund für den langjährigen
Vorsprung der Sowjetunion auf diesem Gebiet.
➤ Was geschah in den USA
nach dem Sputnik-Schock?
Am 15. Oktober 1957 wurde das Beraterkomitee
von Präsident Eisenhower zusammengerufen, um die Sachlage
zu erörtern.
Als nächster Schock für die Amerikaner kam
am 3. November 1957 Sputnik 2. Drei Tage danach - am 6.
November 1957 - wurde schon ein wissenschaftlicher Sonderberater
eingestellt und am 7. November von Präsident Eisenhower
bekannt gemacht. Das war James R. Killian.
Am 7. Januar
1958 gab Eisenhower im Kongress die Einberufung einer speziellen
Kommission bekannt. Sie mußte den technologischen Vorsprung
der Vereinigten Staaten durch Förderung hierzu geeigneter
Projekte sichern.
Der
Name der Kommission war: ARPA - Advanced Research Projects
Agency - . Sie erhielt eine Ausstattung von 520 Millionen
US$ und einen Etat von 2 Milliarden US$. 1962 war eine
ungewöhnlich selbstständige Abteilung der ARPA für die fortgeschrittensten
Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Computerbereich
gegründet worden. Diese Abteilung hieß: IPTO - Information
Processing Techniques Office - und stand Anfang 1966 unter
der Leitung von Bob Taylor. Der damalige Chef der ARPA
war Charles Herzfield.
Bob Taylor schlug
ein Netzwerk-Experiment vor, um Computer miteinander zu
verbinden, erhielt sofort vom ARPA-Direktor Zustimmung
und bekam dafür auch noch eine Million Dollar mehr für
seinen Etat.
Die Vertragspartner der IPTO, vorwiegend an
den Universitäten, forderten immer mehr Computerressourcen.
Die Reihen der Wissenschaftler, die den Computer über den
Status einer bloßen Rechenmaschine (Zahlenfresser) hinauszuführen
hofften, erhielten ständig Verstärkung. Der berühmte zukunftsweisende
Artikel von Licklider über neue Computeranwendungen "Man-Computer-Symbiosis"
von 1960 bewahrheitete sich immer mehr.
Die Zahl der Wissenschaftler
nahm schnell zu, und alle beanspruchten sie teure Rechner-Ressourcen
für sich allein.
Die Fördermittel pro Einzelprojekt beliefen
sich auf 1/2 bis zu 3 Millionen US$. Es fanden
viele Forschungsarbeiten gleichzeitig zum selben Thema
statt, und die Computer waren weder klein noch billig.
Computerprogramme
konnten nicht einfach von einem Computer auf einen anderen
übertragen werden. Es waren Unikate. Durch Vernetzung könnten sich Forscher,
die in verschiedenen Landesteilen an ähnlichen Projekten arbeiteten, leichter
Ressourcen teilen und Ergebnisse austauschen.
Dies war
die feste Überzeugung von Rob Taylor. Man könnte damit
die Computerforschung zügig vorantreiben und auch viel
Geld sparen. Die Vernetzung von Computern begann nach der
Einstellung eines Programmleiters - Larry Roberts - im
Dezember 1966.
Schon im Jahr 1964 wurde ein neuartiges Kommunikationsnetz
vorgestellt (Paul Baran - Rand Corporation USA; Donald
Davies - England). Es war ein viel "verteiltes Netz", d.h.
es bestand aus vielfachen untereinander verbundenen Verzweigungen
und Knoten. Der große Vorteil bestand darin, daß bei Ausfall
eines oder mehrerer Knoten nicht der gesamte Datenverkehr
lahmgelegt wurde. Das Netz war so organisiert, daß es
dann für die Daten automatisch einen anderen Weg zum Zielort
bestimmte.
Die zu versendenden Daten werden in "elektronische"
Pakete zerlegt. Die Computer im Netz sorgen dafür, daß
jedes Paket sein Ziel ordnungsgemäß erreicht. Ist ein Weg
gesperrt oder überlastet, wird das Paket umgeleitet; kommt
es beschädigt an, wird es nochmals gesendet, bis es richtig
empfangen wird. Am Zielort werden alle Pakete wieder in
die richtige Reihenfolge gebracht, so daß die empfangenen
Daten mit den gesendeten übereinstimmen. Eine zentrale
Steuereinheit ist also nicht erforderlich!
1969 waren die
Computer von vier amerikanischen Universitäten durch die
Computerfirma BBN (Bolt Beranek und Newman) miteinander
verbunden. Das waren die Universität von Los Angeles, das
Stanford Research Institute, die Universität von Utah und
die Universität von Santa Barbara. Die Verbindung erfolgte
mittels eines speziellen Honeywell Computers, genannt Interface
Message Processor. Das Netz funktionierte und wurde "Arpanet"
genannt (Großvater des heutigen Internet).
Das Netz verband
nicht nur Computer, sondern auch viele Forscher. Die Kommunikation
zwischen Wissenschaftlern nahm auch dadurch enorm zu, daß
die Verbindung zwischen den Computern auch die Möglichkeit
eröffnete, Berichte, Ergebnisse und Mitteilungen auf elektronischem
Wege auszutauschen. Die elektronische Post - E-Mail -
nahm einen enormen Aufschwung. Die Zusammenarbeit zwischen
den Universitäten wurde auch dadurch sehr gefördert.
Je mehr Ressourcen über das Arpanet
zugänglich wurden und je mehr Menschen sich an den Rechnerstandorten
damit vertraut machten, in desto stärkerem Maße wurde das
Netz genutzt.
Um Daten zwischen Computern auszutauschen,
muß die Art und Weise der Datenübertragung sehr genau
und unmißverständlich festgelegt werden. Die Vereinbarungen
werden in einem Protokoll definiert. Für Arpanet galt das
Network Control Protocol (NCP).
Im Oktober 1972 fand
in Washington die erste internationale
Konferenz über Computerkommunikation (ICCC) statt.
Abgeordnete
aus England, Kanada, Frankreich, Japan, Norwegen und Schweden
nahmen teil.
Das Arpanet bestand damals schon aus 29 Knoten,
so daß hiermit eine ausführliche Demonstration gegeben
werden konnte. Nur die Manager der Telefongesellschaft
(AT&T) hegten
noch immer ihre Bedenken gegen das Netz mit dem Paketvermittlungsverfahren.
Ebenfalls 1972 gründeten die Leiter mehrerer Vernetzprojekte
aus verschiedenen Staaten die International Network Working
Group (INWG). Ihr Vorsitzender wurde Vint Cerf. Sie hielten
es nun für bewiesen, daß die Paketvermittlung innerhalb
eines Landes funktioniert, ihre Devise lautete:
"Beschreiten
wir jetzt neue Wege, und schaffen wir ein internationales
Netz der Netze."
Daraufhin wurde eine Zusammenschaltung
von Netzen mit unterschiedlichen Technologien und Geschwindigkeiten
realisiert. Um dies alles zu verwirklichen, mußten neue
Protokolle, ein Datenübertragungs-Steuerungsprotokoll,
entwickelt und eingeführt werden (TCP - Transmission Control
Protocol).
Das Verbindungsnetz wurde zunächst Arpa-Internet
genannt, später nur Internet (Zwischennetz). Internet ist
also ein Netz der Netze.
Da u.a. die TCP-Spezifikation
kostenlos zur Verfügung gestellt wurde und auch gut für
die vielen entstehenden lokalen Netze (LANs) anzuwenden
war, wurden diese Protokolle schnell zu einem de-facto-Standard;
auch bei der Vernetzung akademisch orientierter Netzwerke.
Die
erste Installation mit diesen Protokollen wurde im Jahr
1975 auf Rechnern einiger amerikanischer Universitäten
sowie auf dem University College in London vorgenommen.
1978 wurde TCP offiziell zu TCP/IP
(IP = Internet Protocol). Beide Protokolle waren das Verdienst
von Vint Cerf und Bob Khan. Diese Protokolle entsprachen
nicht den Empfehlungen der Internationalen Standard Organisation
(ISO), was zu vielen Spannungen und Streitigkeiten führte.
Im
Sommer 1975 ging die Netzwerkverwaltung von Arpanet auf
die Defense Communications Agency (DCA) über.
Aufgrund
von Sicherheitsbedenken des Militärs wurde das Arpanet
1983 geteilt, und zwar in ein militärisch genutztes Teilnetz
(MILNET) und ein zweites Teilnetz, das den Namen Arpanet
behielt.
1990 beschloß man, das Arpanet zu deinstallieren.
➤ Die parallelen
und weiteren Entwicklungen
Die im Jahre 1950 gegründete Stiftung National Science
Foundation (NSF) förderte den
wissenschaftlichen Fortschritt; sie finanzierte Grundlagenforschung.
Ende der 70er Jahre engagierte sie sich stark auf dem Gebiet
der Computer- und Datentechnik. Dadurch entstand das
National-Science-Foundation-Netz (NSFNET) (Vater des
Internet); die Arpanet-Erfahrungen flossen dort mit ein.
Die
Kapazität dieses Netzes überstieg schon 1988 die des Arpanet
bei weitem und übernahm alle Funktionen des Arpanet.
Ein Haupziell war,
die fünf bestehenden Einrichtungen mit besonders teuren
und leistungsfähigen Supercomputern den Forschungstreibenden
aller Fachrichtungen verfügbar zu machen. Einen anderen
Dienst bot ein Verfahren, das es ermöglichte, mehrere öffentliche Gesprächsrunden
zu bestimmten Themen zu veranstalten: im wesentlichen also ein Mittel
zur Konversation. Hierzu diente das USENET.
Die Möglichkeiten
des Internets wurden durch eine Reihe neuer Dienste und
Suchprogramme in rascher Folge erweitert (z.B. Archie,
Veronica, Gopher usw.).
1991 entwickelte Tim Berners-Lee
am europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf ein
Hypertextsystem mit
ausgezeichneter Benutzerfreundlichkeit. Dieses Verfahren entwickelte sich
schnell zu einem höchst erfolgreichen Dienst im Internet. Es wurde unter
dem Namen World Wide Web (WWW) bekannt und wies ein explosionsartiges
Wachstum auf.
Die Vernetzung der ersten vier Rechner geschah
erst 1969; so wird deutlich, welche kurze Zeitspanne seit
den Ursprüngen der Entwicklung eines globalen Netzes verstrichen
ist.
Noch immer verläuft die Entwicklung so stürmisch,
daß es unmöglich erscheint anzugeben, wann das Internet
seine endgültige Form annehmen wird.
➤ Anhang
Hypertextsystem
Hypertext ist ein Text, bei dem der Leser nicht in einer
bestimmten Reihenfolge lesen muß, sondern Verknüpfungen
bezüglich weiterer Quellen folgen kann. Solche Querverzweigungen
sind nicht nur innerhalb einer Abteilung oder eines Institutes
zu finden, sondern können quer durch das Land und sogar
über den gesamten Globus abgerufen werden. Die Informationen
im WWW sind also nicht aufgebaut wie konventionelle Texte
(z.B. Bücher), d.h. die Informationen erscheinen nicht
Seite für Seite aufeinanderfolgend, sondern es werden z.B.
innerhalb der Bildschirmdarstellung Hinweise (Verknüpfungen
- Querverweise - englisch "Links")
auf weitere oder weiterführende Informationsquellen gegeben.
Man kann so von einer Informationsquelle zur anderen springen.
Dies wird "Surfen" genannt.
Fußnoten erübrigen sich daher.
Aphorismen
· Das Internet gehört keiner Firma oder
Organisation.
· Das Internet kennt
keine Landesgrenzen.
· Das Internet unterliegt fortwährenden
Wandlungsprozessen und wächst ständig.
· Das Radio existierte
38 Jahre, bevor es 50 Millionen Zuhörer hatte, das Fernsehen
brauchte 13 Jahre, um diese Zahl zu erreichen. Das Internet
schaffte das in nur 4 Jahren.
· Das Internet gilt als größte Bibliothek
der Welt.
· Das Netz gestattet es, auch vom entlegensten
Dorf aus in der modernsten Bibliothek zu stöbern.
· Jeder
kann mit dem Internet arbeiten und für seinen Themenbereich
und seine Interessen Informationen abrufen.
· "Das einzige,
was mich tröstlich stimmt, ist das Internet. Da sind meine
Reden drin, und eine Menge
von Bürgern rufen sie von dort
ab. So bin ich nicht auf die Akzentsetzung von Journalisten angewiesen." Roman
Herzog
· Im Internet ist man ein Homo
sapiens digitalis.
· Das Internet ist der größte Marktplatz.
· "Das Internet ist
voll mit Antworten auf nie gestellte Fragen." Norbert Schneider
· Das
Netz ist ein dichter Datendschungel.
· "Das Internet ist
ein Schrotthaufen, in dem Gold und Perlen versteckt sind."
Joseph Weizenbaum
· Es gibt nur kleine Fische im großen Netz.
· Homepage ist eine
Art virtuelles Zuhause.
· Die Homepage im Netz, das ist nichts
anderes als eine Ego-Prothese, die große seelische Befriedigung verschaffen
kann.
· Freiheit für alle im Netz bedeutet auch
Freiheit für schwarze Schafe.
· "Vor den Fernseher setzt
man sich, wenn man sein Gehirn ausschalten will; vor dem
Computer schaltet man es hingegen ein." Bill Gates
· Was
für eine Welt - in der ein 24jähriger ein Vermögen mit
einem Stück Computersoftware machen kann.
· Die Gesellschaft
verliere zunehmend die Orientierung. Sie stecke bis über
die Ohren in einem Sumpf von Informationen, mit denen niemand
etwas anzufangen wisse.
· Der Überfluß an Daten erscheint
vielen Menschen wie eine Bedrohung; sie fühlen sich verloren
und unsicher.
· Die Menschheit ist zum Werkzeug ihrer Werkzeuge
geworden.
· Wenige Technologien haben so große Hoffnungen
und zugleich so dramatische Ängste geweckt wie die Internet-Techniken.
· Das
Internet ist sehr schwierig für denjenigen, der dazu keine
Lust hat.
· Das Internet ist nichts für mich; daher finde ich es
zu schwierig.
· WWW ist in Europa geboren, in den USA aufgewachsen.
· Verliebt,
verlobt, vernetzt.
Verwendete Literatur
· Katie Hafner,
Matthew Lyon, Die Geschichte des Internet
· James Gillies,
Robert Cailliau, Die Wiege des Web
· Tim Berners-Lee, Der
Web-Report
· Michael Dertouzos, What will be
· Clifford
Stoll, Die Wüste Internet
· ZEITPunkte
Der Mensch im Netz
· Stiftung Warentest
Internet - Nichts leichter als das
Aus dem Internet
· Henry Edward Hardy,
A Short History of the Net
· Jochen Musch,
Die Geschichte des Netzes: ein historischer Abriß
· NIC
Bibliothek Geschichte des Internet
Diese Zusammenfassung wurde
von Herrn Arnold Sloots zur Verfügung gestellt.
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